Meine Wiege stand in Schärding (Oberösterreich), und dort steht sie, beinahe sieben Jahrzehnte später, immer noch. Ich wuchs in einem ländlich-kleinstädtischen Milieu auf, das wenig Abwechslung bot. Und da es zu dieser Zeit in Schärding auch keinen Kindergarten gab, hatte ich als (keineswegs unglückliches) Kind reichlich Gelegenheit, mir meine eigene Phantasiewelt zu erschaffen; insbesondere, wenn ich von einem Hügel aus den vorbeifahrenden ÖBB-Zügen sehnsuchtsvoll zuwinkte, die mich in meiner damaligen Vorstellungswelt in ferne Länder trugen.
Zu diesem früh erwachten Interesse für Geografie gesellte sich etwas später ein noch stärkeres für Geschichte hinzu. Einen Meilenstein bildete mein achter Geburtstag, als mir meine Eltern ein Buch über die Eroberung und Zerstörung des Aztekenreichs durch die spanischen Conquistadoren schenkten. Seither hat mich die Leidenschaft für Geschichte stets begleitet, auch wenn sich seit jenen fernen Tagen der Schwerpunkt vom 16. auf das 20. Jahrhundert verschoben hat.
Das Schärdinger Gymnasium habe ich insgesamt als Hort finsterer Reaktion und autoritärer „Erziehung“ (inklusive an den Ohren ziehen) in Erinnerung behalten; umso bemerkenswerter, dass der Geschichtslehrer es schmunzelnd duldete, wenn ich ihn unterbrach und korrigierte. Hingegen war ich in Mathematik eine totale Niete und auch noch viele Jahre später daran völlig desinteressiert, was ich heute ein wenig bedaure, da sich mir beispielsweise faszinierende sinnlich-ästhetische Komponenten ansonsten wesentlich früher erschlossen hätten, etwa der Goldene Schnitt bzw. die ihm zugrunde liegende Fibonacci-Zahlenreihe.
Kurzum: mein Studium und meine Berufswahl als (zumeist freiberuflicher) Historiker waren frühzeitig vorprogrammiert. Ich reise leidenschaftlich gerne (2020 aus naheliegenden Gründen ausgenommen) und nutze seit vielen Jahren die Möglichkeit, mich durch topographische Spurensuche den noch vorhandenen Zeugnissen meiner Forschungsinteressen physisch zu nähern.
In meinen Büchern und sonstigen wissenschaftlichen Publikationen nimmt das Zitieren der Sekundärliteratur nur einen sehr bescheidenen Platz ein, weil ich ungern in die Fußstapfen anderer trete. Hingegen bin ich seit den 1980er Jahren eine unermüdliche „Archivratte“ und verwende zum allergrößten Teil unveröffentliche Quellen für meine Arbeiten.
Beim Aufspüren von unbekannten Zusammenhängen, Widersprüchen und sonstigen Auffälligkeiten in den Archivdokumenten erwacht regelmäßig ein „Spürhund“ in mir. Dementsprechend wurde und wird mir von vielen LeserInnen und RezensentInnen meiner Bücher häufig ein starker detektivisch-kriminalistischer Spürsinn bescheinigt. Und da ich zudem ein eitler Mensch bin, wage ich einer solchen Einschätzung nicht zu widersprechen.