Dr. Hans Schafranek
Geb. 5.8.1951 in Schärding (Oberösterreich). Seit 1970 lebt Hans Schafranek in Wien, seit 2012 zeitweilig auch in Berlin. Er studierte an der Universität Wien Neuere Geschichte und wurde im März 1987 zum Dr. phil. promoviert. Die ausgedehnten Forschungen zu seiner dreibändigen Dissertation „Kurt Landau und der Bolschewismus. Umrisse einer politischen Biographie“ (1988 als Buch publiziert: Das kurze Leben des Kurt Landau. Ein österreichischer Kommunist als Opfer der stalinistischen Geheimpolizei) führten ihn zwischen 1977 und 1982 zu jeweils längeren Aufenthalten in Mexico, USA, Spanien, Niederlande, Frankreich, Belgien, Schweiz, BRD, wo er in zahlreichen Archiven forschte.
Ein Fulbright-Stipendium (1981) ermöglichte ihm einen viermonatigen Aufenthalt an der Harvard-University, wo er als einer der ersten europäischen Historiker den bis 1980 für die Forschung gesperrten Nachlass von Leo Trotzki bearbeitete.
Gemeinsam mit dem verstorbenen AZ-Journalisten Manfred Marschalek barg er den Nachlass von Joseph Frey, der Tausende Dokumente (1912–1934) zur Geschichte der österreichischen Nachkriegssozialdemokratie, der frühen KPÖ und der trotzkistischen Bewegung in Österreich bis 1934 enthält. Auch dieser gewichtige Fund bildete einen wesentlichen Bestandteil für die Erstellung der Dissertation von Hans Schafranek.
Seit 1982 ist Schafranek – mit zeitweiligen Unterbrechungen – als freier Mitarbeiter des DÖW tätig. „Zwischendurch“ (1998–2001) Anstellung im Rahmen eines drittmittelfinanzierten Forschungsprojektes der Volkswagen-Stiftung (siehe unten), ebenso 2003–2005 (DÖW, Ludwig Boltzmann-Institut für Historische Sozialwissenschaft). Im Rahmen diverser Forschungs- und Buchprojekte führte er zwischen 1982 und 1990 mit etwa 150 österreichischen, deutschen und französischen Zeitzeugen (politisch und rassistisch Verfolgte, Widerstandskämpfer, Politemigranten, Interbrigadisten) ausgedehnte lebensgeschichtliche Interviews durch, die großteils transkribiert wurden und annähernd 30.000 maschinschriftliche Seiten umfassen. Diese zumeist mehrteiligen biographischen Interviews waren ebenfalls mit ausgedehnten Reisen verknüpft (Interviewpartner u.a. in Wien, Niederösterreich, Steiermark, Berlin, Frankfurt, Paris, Lyon, Nizza, Amsterdam, Brüssel, Moskau und New York).
Gemeinsam mit Dr. Barry McLoughlin bearbeitete er für das DÖW auch einen über 800-seitigen, 1999 publizierten Dokumentenband über das Exil von Österreichern in der Sowjetunion. Seit 1989 regelmäßige Publikation von längeren wissenschaftlichen Aufsätzen im DÖW-Jahrbuch.
Nach dem Abschluss seiner Dissertation führte Schafranek zahlreiche wissenschaftliche Forschungsprojekte durch, die vornehmlich folgende thematische Schwerpunkte umfassten:
- Vergleichende Diktaturforschung (KZ – GULag; Hitler-Stalin-Pakt)
- Exil und stalinistischer Terror in der UdSSR
- Moskauer Schauprozesse 1936–1938
- Schutzbundkinder
- Spanischer Bürgerkrieg
- Sowjetische Funk- und Fallschirmagenten 1941–1945 (Projekt der VW-Stiftung)
- Nachrichtendienste im Zweiten Weltkrieg
- Nationalsozialismus in Österreich (schwerpunktartig 1933–1938)
- Gestapo und Widerstand gegen das NS-Regime
Aus diesen und weiteren Projekten (siehe Forschungsprojekte seit 2007) sind bisher 17 Buchpublikationen und über 70 wissenschaftliche Aufsätze hervorgegangen (vgl. Publikationsliste). Sie basieren auf Forschungen in etwa 60 europäischen und amerikanischen Archiven.